Philipp Zappel, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender, übernimmt die offizielle Begrüßung. Rechts und links neben ihm am langen Tisch sitzen ziemlich viele Leute. Wir erkennen unter den fremden Gesichtern den Scout Stefan Salka, die stellvertretende Geschäftsführerin Gerda Salka, den Schriftführer Damir Kritzel, den Sportwart Kurt Ochs und den Referenten für Öffentlichkeitsarbeit Ulrich Nerlinger. Dann noch den Trainer Lennart Holm, die Beraterin der feinen Dame Vera Schopp, den Buchmacher Augustin Zarn, den Jugendtrainer Engelbert Pander, die schwedische Physiotherapeutin Erika Ottestad und natürlich die Vereinsanwältin Johanna Hilbert.
Philipp Zappel erhebt sich und klopft ans Mikrofon: „Guten Tag meine Damen und Herren. Herzlich willkommen bei den elf Prizessinnen Austria.“
Er wartet ab, bis das leise Klatschen der Reporter und Reporterinnen verstummt. „Wir sind sehr stolz auf die Erfolge unseres Vereins. Der Aufstieg in die erste Klasse kam auch für uns überraschend ... ach ja ... sehr überraschend, um genau zu sein. Dabei waren wir doch noch immer so stolz darauf überhaupt in der Liga zu sein … ach ja … das war überwältigend. Und dann das Stadion … ach ja … wer hätte das gedacht?“
Von sich selber überwältigt pausiert „4P“ und trinkt einen Schluck Wasser. „Unser Stadion fasst jetzt schon alle Bürger und Bürgerinnen unserer Heimatstadt … ach ja … und hat dann noch Platz für Gäste. Beim letzten Liga-Heimspiel hatten wir über achttausend Zuschauer … ach ja … und beim letzten Freundschaftsspiel gegen die Black Pearl Kickers sogar über achttausendsiebenhundert. Ach ja … Wer hätte das gedacht?“
Wieder macht „4P“ eine Pause und trinkt Wasser. Diesmal ziemlich gierig. „Neuerdings haben wir eine neue Anzeigetafel … ach ja, neu … da hat meine Tochter Cäcilia beim Freundschaftsspiel schon den Spielstand eingetragen und ihre Freundin Schubbi hat gekurbelt, damit sich oben die Tafel dreht … ach ja … fast alle im Stadion haben den Spielstand lesen können. Ach ja … wer hätte das gedacht?“
Philipp Zappel fordert neues Wasser an und trinkt sofort mit tiefen Schlücken. „Der neue Rasen ist heute morgen verlegt worden. Standardrasen ohne Maulwurfshügel, Kaninchenlöcher oder Buckel … ach ja … und jetzt gibt es noch ein Wellblechdach, damit sich bei Regen nicht nur die Harten ins Stadion trauen … ach ja … das ist auch bald fertig … ach ja … jetzt fehlt nur noch die Ligazuweisung … ach ja … Laternen haben wir ja … ach ja.“
„4P“ sieht erschöpft aus. Wieder trinkt er vom Wasser, als käme er gerade von einem mehrtägigen Ausflug in die Wüste zurück. „Das Weitere kommt jetzt von Ulrich … ach ja … von unserem Referenten für Öffentlichkeitsarbeit.“
Kurzer Applaus, der sofort aufhört, als sich Ulrich Nerlinger erhebt: „Danke Philipp. Auch von mir ein herzliches Willkommen!“ Er wartet, bis Ruhe eingetreten ist. „Zuerst noch einmal zu unserem Stadion. In manchen … hmm ... Verlautbarungen, nenne ich es mal … wurde der Name 'alte Hundewiese Freistadt' als albern oder sogar beleidigend bezeichnet. Das ist selbstverständlich nicht der Fall. Es ist eine Verbeugung an die Wurzeln unseres Vereins.“
Das laute Murmeln will Ulrich Nerlinger nicht ignorieren. Etwas trotzig blickt er schweigend in die Runde. Erst als wieder Ruhe herrscht, spricht er weiter.
„Damit Sie gleich noch mehr zum Aufregen haben, stelle ich Ihnen jetzt die alten und neuen Assistenten vor. Zuerst Frau Johanna Hilbert, unsere Anwältin.“ Die Frau steht auf, verbeugt sich und setzt sich wieder. „Sollten Sie von ihr Post bekommen, dürfen Sie sich auf Spaß mit Ihrem Chef freuen. - Dann Stefan Salka, der auch weiterhin für uns scouten wird, weil er viel von den anderen Vereinen lernt. Das wird uns später im Vorstand sehr helfen.“
Herr Salka steht auch auf, nickt freundlich und setzt sich wieder. Ulrich Nerlinger spricht weiter. „Wir werden bald zwei weitere Beisitzer im Vorstand haben. Stefan kommt zurück und Vera Schopp kommt hinzu.“
Das Murmeln nimmt stark zu. Jeder hier weiß, dass dies nicht nur die Mutter des besten Torschützen in der letzten Saison ist, sondern auch die Vertraute der feinen Dame. Wird hier bald gemauschelt wie in der Politik?
Ulrisch Nerlinger hebt die Stimme: „Vera wird die Stimme unserer Managerin sein, da die sich aus dem Verein heraushalten will und nicht immer vor Ort sein kann. Wir kennen Vera gut genug um zu wissen, dass sie keine Marionette sein wird.“ - Frau Schopp bleibt sitzen, lächelt freundlich und bewegt abgehackt die Arme.
„Darf ich jetzt zu Augustin Zarn kommen? - Augustin?“
Der große schlanke Mann steht auf, lächelt gewohnt charmant und sagt: „Wie angekündigt, habe ich den Verein verlassen. Das ganze Gefeiere wurde mir einfach zu viel.“ Entwaffnend strahlt er die Zuhörer an. Dann spricht er weiter: „Ich bin in den Verein eingetreten und werde begeistert Mitglied bleiben, auch wenn ich den neuen Vertrag in Wien erfüllen muss. Es hat mir hier sehr gut gefallen und die morgendlichen Gassirunden werden mir fehlen. Leider habe ich gar keinen Hund.“ Er setzt sich und hat die Lacher auf seiner Seite.
Ulrich Nerlinger: „Danke Augustin. Dein Nachfolger wird Snorre Haug aus Norwegen, aber auch er wird wohl nur eine Saison bei uns bleiben. Für uns hat er seinen verdienten Urlaub unterbrochen und er hofft, dass wir schnell seinen Nachfolger finden, damit er mit dem Urlaub noch ein wenig weiter machen kann.“
Das ist der Vorteil, wenn jemand wie die feine Dame einen Verein managt: sie bekommt auch da jemanden, wo alle anderen leer ausgehen würden. Oder anders ausgedrückt: sie kennt Hinz und Kunz.
Ulrich Nerlinger: „Machen wir es kurz. Erika Ottestad und Engelbert Pander haben ihre Rückfahr-Tickets gebucht und sind im Grunde gar nicht mehr hier. Wir nutzen ihre Anwesenheit, um ihnen zu danken und alles Gute für die Zukunft zu wünschen.“
Die beiden erheben sich, um sich zu verbeugen. Dann sagt Engelbert: „Hätte mich Erika nicht für eine Woche krank geschrieben, hätte ich dies hier verpasst. Auch der Verein, bei dem ich jetzt arbeite, ist in Saisonpause und wartet auf die Ligazuweisung. Die Jugendspieler sind im Urlaub und niemand verpasst etwas. Danke für die Zeit, die ich hier sein durfte.“ Frau Ottestad nickt nur eifrig. Ihr Deutsch ist nicht so gut.
Ulrich Nerlinger räuspert sich: „Und jetzt für die böse Presse. Unsere neue Physiotherapeutin ist Hürrem Cig, deren Großeltern aus der Türkei stammen und unser neuer Jugendtrainer ist Mapemba Assiful mit Wurzeln im Senegal. Und ja, keiner der drei Neuen hat hundert Generationen von Österreichern in seiner Familiengeschichte. Ich übrigens auch nicht.“
Ein Reporter aus der dritten Reihe springt auf, reißt sich seine Perücke vom Kopf und enttarnt sich als Karl Liebelein vom „Sturmblatt“: „Das macht die doch absichtlich!“ schreit er. „Nur Ausländer, nichts sonst. Das soll unseren schönen österreichischen Fußball kaputt machen. So sind die Deutschen ...“ - Zwei Ordner greifen sich den tobenden Mann, stülpen ihm eine Jacke über den Kopf und führen ihn - immer noch zeternd - aus dem Raum.
Ulrich Nerlinger macht beschwichtigende Gesten: „Noch jemand mit Klebstoff da?“ fragt er dann sarkastisch und erinnert damit an die letzte Pressekonferenz. „Nicht? Dann können wir ja abschließen. Draußen stehen Kaffee und Kuchen bereit. Auch Würstchen, denke ich. Bis zum nächsten Mal.“
Die Pressekonferenz ist vorbei und hat viel Neues gebracht. Das „Bauen, bauen, bauen“ geht also weiter, wir sind besonders gespannt auf den frischen Rasen. Wir reichen noch nach, dass die alte Schultafel nicht auf dem Müll gelandet ist, sondern im Trophäenraum des Vereins. Das letzte Ergebnis von 5:1 für die Heimmannschaft steht noch darauf und wurde hinter Museumsglas versiegelt.
Der Trophäenraum ist täglich von 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei, Spenden werden aber gerne genommen.